Am 4. November 2021 wurde dem Antrag des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs stattgegeben, und der Krippenbrauch in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Damit ging ein langgehegter Wunsch in Erfüllung!
Der Weg zum UNESCO-Kulturerbe
Es gibt einige Kriterien hierfür: Das jährliche Aufstellen der Krippe kommt einem Ritual, aber auch einem Akt der Gemeinschaft gleich. Oft ist dieses Ritual mit einem gemeinsamen Gebet verbunden. Gleichzeitig geht es dabei um ein Bewahren von künstlerisch Wertvollem, das beinhaltet auch die Instandhaltung und Restaurierung von Figuren, Berg und Hintergrund. Nicht weniger bedeutend ist das Zusammenführen von Menschen, das Krippeleschau´gn. Der Umgang in Kirchen und Privathäusern, der gemeinsame Austausch unter den KrippenfreundInnen. Immer mehr Menschen bauen sich ihre eigene Krippe nach Maß, die Krippe ist schon längst in fast jeden Haushalt eingezogen und stellt vielfach das Zentrum des Weihnachtsgeschehens in der Familie dar. Krippenbaukurse sind oft schon Monate oder sogar Jahre im Vorhinein ausgebucht.
Reformation und Säkularisierung verstärken den Krippenbrauch
Mit der Reformation (1517) wurde Vieles zerstört oder ging verloren. Die ältesten bekannten Krippen gehen auf die Zeit des Hl. Franziskus (12. Jh.) zurück. Der 30jährige Krieg tat seines dazu. Der Umstand, dass nur privilegierte Menschen lesen und schreiben konnten, aber auch das verloren gegangene Wissen um die Bibel führte dazu, dass mit der Gegenreformation (1545-1563) vor allem die Jesuiten sich bemühten, dieses Wissen im Sinne einer Rekatholisierung wieder zu verbreiten. Auch die barocke Lebensfreude und eine innige Frömmigkeit trugen dazu bei, sich für die Krippe bzw. das „Weihnachtstheater“ zu begeistern.
Die unter Josef II. eingeläutete Säkularisierung sowie die aufklärerischen Tendenzen des 18. Jahrhunderts verbannten die Krippen erneut aus Kirchen und Klöstern. Vieles ging erneut verloren, wurde zerstört. Oder aber von reichen Bürgern gekauft und damit gerettet. Mehr und mehr verlagerte sich die Tradition des Krippenbrauchs in die privaten Haushalte, wo er bis heute einen wesentlichen Platz in der Weihnachtszeit einnimmt. Immer öfter reisen Menschen in das Gelobte Land, die orientalische Krippe hält mehr und mehr Einzug in den Tiroler Haushalt. Dazu gesellen sich Handwerker, Wirte, Musikanten, Einsiedler, Soldaten, Wilderer und Bergleute und „verorten“ das Heilsgeschehen in der eigenen Umgebung. Alles ist und bleibt eine Frage des Geldes: Krippen aus Papier oder Ton, vor allem kleinere Figuren, die weniger kosten und weniger Platz brauchen, kommen in Mode.
Sondersendung auf Servus TV: Krippenbrauch – und restaurierung
Hall besitzt mit seiner MK-Krippe (1609) die zweitälteste, barocke Kirchenkrippe Tirols. Und die einzig denkmalgeschützte Krippe des Landes (!) und hat damit auch im Winter und der Weihnachtszeit wieder einmal Saison: Noch bis zum Dreikönigstag (6.01.) zwischen 11 und 18 Uhr kann die inzwischen 19 Figuren umfassende Krippe in der Franz-Xaveri-Kapelle in der Jesuitenkirche bestaunt werden.
Das Filmteam um Florian Guthknecht von Flowmotion in München hat sich anlässlich einer Sondersendung zum Thema Krippenrestaurierung in Hall gemeldet. Der Beitrag (Sendung Servus am Abend DI 21.12. um 18.05 Uhr) hatte vor allem die Restaurierung der wertvollen Figuren im Fokus. Michael Schretthauser, Maler-, Vergoldermeister und Restaurator aus Innsbruck, „betreut“ die Krippe schon seit Jahrzehnten. Er gab Einblick in seine Werkstatt und zeigte dem Kamerateam live, wie die nachgeschnitzten Finger der blauen Engelsfigur retuschiert werden. Das Fassmalen an rohen Figuren samt Zubereitung der Farben mit frischem Ei sowie das Vergolden einzelner Accessoires mit Blattgold und Achatstift veranschaulichten eindrücklich, was das Repertoire eines Restaurators zu bieten hat. Zum Schluss der Vorstellung bekam das begeisterte Filmtrio ein scharfes Schnapserl zum Anstoßen, wie es der Tiroler Brauch vorsieht. Gloria!
Darstellung und Figuren der Weihnachtskrippe in der Jesuitenkirche
Die Krippe in der Jesuitenkirche besteht aus nunmehr 19 Figuren, Schafe und anderes schmückendes Beiwerk nicht mitgezählt: Maria, Josef und das Jesukind, die Heiligen Drei Könige samt deren Pagen, drei Engel, drei Hirten, einen Hohepriester und zwei Ministranten. NEU ist eine heuer von Manuel Schmid, einem Haller Bildhauer, geschaffene Plastik im Halbrelief, die Ochs und Esel darstellt, welche nun im wahrsten Sinne des Wortes – spät aber doch – eine zentrale Rolle im Krippengeschehen einnimmt und das Heilsgeschehen komplettiert.
Das besondere an den Haller Figuren ist, dass es sich großteils um hölzerne Gliederpuppen handelt, die also beweglich sind. Marias Kopf ist aus Wachs geformt, das Jesukind ist zur Gänze aus Wachs. Josefs Kopf war ursprünglich wächsern, fiel aber Ende des 19. Jahrhunderts zu Boden und zerbrach. Er wurde damals (1889) durch eine Kopie aus Holz ersetzt. Maria und Josef sollen übrigens die Gesichtszüge von Charitas Thaler und Hippolyt Guarinoni tragen. Der berühmte Haller Stiftsarzt war Präfekt der Marianischen Kongregation der Herren und Bürger zu Hall, welche bis heute im Besitz der wundervollen Krippe ist. Die Liebe der beiden Eheleute war groß. Leider starb Charitas nach zahlreichen Geburten sehr früh, sie hatte Hippolyt acht Kinder geschenkt (!). Einige Figuren sind mit Echthaarperücken ausgestattet, wie das Jesukind, Josef, ein König, der Hohepriester und die Engel. Die an Körpergröße sehr klein ausgefallenen Pagen der Drei Könige sind Zeichen der hierarchischen Gesellschaftsordnung der damaligen Zeit.
Kein geringerer als der Haller Maler Franz Xaver Fuchs (1868-1944) wurde mit dem Hintergrund der Krippe beauftragt: Er ist genau auf die Maße der Franz-Xaveri-Kapelle abgestimmt bzw. eingepasst. Fuchs wird sich wohl über diesen Auftrag gefreut haben! Zumal die Krippe in der Kapelle steht, die einem der ersten Jesuiten und Namenspatron des Künstlers geweiht ist.