Am heutigen 6. Dezember feiert die alte Salz- und Münzstadt Hall in Tirol ihren Kirchenpatron, den Heiligen Nikolaus. Welche Rolle dabei das Thomasradel (Germteiggebäck) spielt, erzähle ich euch in folgendem Blogartikel:

Der Heilige Nikolaus ist nicht nur in Hall bekannt, sondern im gesamten christlichen Raum. Jedes Jahr erwarten die Kinder sehnsüchtig seinen Besuch. Die Geschenke-Tradition geht darauf zurück, dass der echte Nikolaus sehr großzügig war. Im dritten Jahrhundert in Myra (heutige Türkei) geboren, verteilte der spätere Bischof sein großes Erbe unter den Armen. Drei Frauen, die ihr verarmter Vater zu Prostituierten machen wollte, soll er nachts Goldklumpen ins Fenster geworfen haben – deshalb die Geschenke über Nacht.

Geschenke an St. Nikolaus

In den Geschäften bereits Wochen vorher anzutreffen, ist das wohl typischste Geschenk ein Schokoladen-Nikolaus. Aber auch Erdnüsse, Mandarinen, Äpfel und Lebkuchen sind im Jutesäckchen zu finden, welches der Heilige Nikolaus in der Nacht vom 5. auf 6. Dezember den Kindern bringt. Früher wurde den Kindern das Thomasradel geschenkt. Die Form und der Geschmack dieses traditionellen Gebäcks weckt Erinnerungen. Dabei war es nicht immer so, dass das Thomasradel am Nikolaustag verschenkt wurde. Die Ursprünge finden sich an einem anderen Tag.

Der Thomasmarkt

In der Vorweihnachtszeit gingen die Bauern nach Innsbruck auf den Thomasmarkt, dem Vorgänger des heutigen Adventmarkts. Das war der größte Markt in unserer Gegend. Dort verkauften sie Waren, die sie während des Jahres produziert hatten. Mit einem Teil des verdienten Geldes kauften sie dann wichtige Dinge, die es im Dorf nicht gab. Das waren zum Beispiel Feigen, die man als Zutat für den Zelten benötigte. Ein besonderes Mitbringsel für die Kinder waren die Thomasradln! So lange liegt der Thomasmarkt noch gar nicht zurück. Sogar mein Vater kann sich daran erinnern, wie meine Großeltern auf den Innsbrucker Thomasmarkt gefahren sind. Traditionell aß man die Radeln am 21. Dezember, weil eben Thomasnacht und gleichzeitig Beginn der Rauhnächte.

1970 hat die katholische Kirche den Thomastag auf den 3. Juli verlegt und irgendwie müssen die Radln, die nach dem Heiligen Thomas benannt wurden, ein paar Tage nach vorne „gerutscht“ sein – hin zum Nikolaus (Radeln galten dann als Symbol für den Nikolausstab). Die eigentliche Symbolik hinter den Rädern liegt jedoch im Sonnenzeichen (Wintersonnwende), denn an diesem Tag erreicht die Sonne ihren tiefsten Stand über dem Horizont im Jahreslauf.

Den genauen Hintergrund sowie eine Verkostung der Thomasradeln können Gäste der Region Hall-Wattens bei den Adventführungen bzw. Rauhnachtführungen erfahren.

Rezept Thomasradeln

Ein klassischer Germteig ist die Grundlage dieser Radeln. Nur in wenigen Bäckerein werden heute die Thonmasradeln noch hergestellt. In der Region Hall-Wattens sind dies die Bäckerei Bucher in Hall bzw. die Bäckerei Romedis in Rinn. Dort sind die Radeln ein klassicher Germteig. Natürlich werden die Radeln individuell gebacken. So geben manche Anis als prägendes, aber nicht aufdringliches Gewürz hinzu. Oder Rosinen finden sich im Thomasradel. Zitronenschalen und Topfen sind weitere Geheimzutaten. Die Zugabe von Topfen macht die Thomasradeln länger haltbar und saftig. Wer dieses alte Rezept gerne nachbacken möchte findet hier das Rezept:

ZUTATEN:

  • 500 g Mehl
  • 20 g Germ
  • 60 g Zucker
  • 50 g Butter
  • 1 Prise Salz
  • ca ¼ l Milch
  • 1 Ei
  • 1 Eidotter
  • 1 EL Anis
  • 1 Ei zum Bestreichen

ZUBEREITUNG:
Aus Mehl, Germ, Zucker und lauwarmer Milch mit ein wenig Mehl ein „Dampfl“ rühren und gehen lassen. Dann die übrigen Zutaten einarbeiten und wieder gehen lassen. Während des Rastens den Teig zweimal zusammendrücken. Zwei Stränge daraus formen, kleine Stücke abschneiden und zwei gegengleich geformte Schnecken einrollen mit einem ca. 3 cm großen Abstand in der Mitte, sodass sie wie ein gekringeltes S aussehen. Zwei dieser Doppelschnecken werden übereinandergelegt, mit den anderen auf ein Backblech gegeben und zwischen 15 und höchstens 20 Minuten bei 180 Grad goldgelb gebacken.

Programmhinweis

Kinderführung auf den Spuren des Christkinds: Adventlicher Spaziergang für die ganze Familie. Kommt mit uns und lasst uns vorweihnachtliche Boten in der Haller Altstadt suchen! Entdecken wir gemeinsam besondere Krippen, lauschen wir Geschichten über Heilige und alte Bräuche und spazieren durch Tirols größten Adventkalender: 12. und 19. Dezember 2023

https://www.hall-wattens.at/de/adventfuehrung-fuer-kinder.html

Rauhnachtführung: Bei einem Rundgang durch die Haller Altstadt werden die Hintergründe zum Brauch rund um die Rauhnächte und des Räucherns erklärt. Im Anschluss gibt es im Stiftsgarten ein ca. 30 minütiges Räucherseminar. Termine 2023/24: 21.12. (Thomasnacht!), 27.12., 29.12., 3.1., 5.1.

https://www.hall-wattens.at/de/magische-rauhnaechte.html

Elisabeth

Elisabeth

Elisabeth hat zwei kleine Kinder und einen Hund. Mit ihrem Rudel ist sie gerne draußen unterwegs. Vor allem an Orten, wo sonst wenig Menschen anzutreffen sind. Ganz speziell an den besonderen Kraftorten in der Region Hall-Wattens. Sie kocht gerne und belebt unseren Kulinarikblog.